978-3839148297

16. Kapitel

 

Etikette auf der Toilette

 

 

Sauberkeit! Ein entscheidender Faktor im überaus reinlichen Katzenleben. Daher zu allererst mein Appell: Achten Sie immer darauf, dass gerade die Katzentoilette Ihres Lieblings extrem sauber gehalten wird.

Als dreifache Katzenbesitzerin bedeutete das für mich, pausenloses Schaufeln. Mein Gehör ist nach all den Jahren der Katzenhaltung über eine drahtlose Leitung mit meinem Gehirn verbunden. Sobald mein Ohr ein verräterisches Kratzgeräusch auffängt, leitet es den Befehl: „Loslaufen!“, an mein Gehirn weiter. Der Körper setzt sich, wenn auch äußerst widerwillig, in Bewegung und meine Füße führen mich zielsicher zu der nächsten Katzentoilette.

Leer!

Also weiter zu Toilette Nr. 2. Der Anblick meiner frenetisch schabenden Katze teilt meinem Gehirn mit: „Arbeitsplatz erreicht!“

Eigentlich müsste nun der Befehl: „Katzenschaufel aufheben und benutzen!“, erschallen, aber Mieze steht noch in der Schüssel und verstreut fleißig Katzenstreu über den Toilettenrand hinweg.

Mein Tipp: Beobachten Sie nun geduldig, wie Ihr gesamter Boden mit krümeliger Einstreu überzogen wird. Einschreiten? Niemals! Damit würden Sie Ihrem Kätzchen suggerieren, dass es eine Fehlhandlung begangen hat und Kätzchen würde sich dann vielleicht sagen: „Benutze ich die Toilette eben nicht mehr. Mamas Sofa ist ja auch nicht schlecht. Und Mama will es ja nicht anders.“

Daraus resultierend stehe ich mehrmals täglich mit zwar gezückter, jedoch starr in der Luft verharrender Schaufel, hinter einem meiner Lieblinge und warte auf meinen Einsatz. Der erst erfolgt, wenn mein Schatz sich aus der Toilette zurückgezogen hat und das Minenfeld für mich freigibt. Nun heißt es, so schnell wie möglich für Ordnung zu sorgen.

Seltsamerweise scheint eine soeben gesäuberte Toilette auf meine anderen Katzen abführend zu wirken. Bereits während ich die Toilette reinige, stehen zwei Katzen hinter meinem Rücken in der Warteschlange. Kaum dass ich mich von ihrem Abort abwende, höre ich bereits die Landung eines Vierbeiners in der Einstreu. Kurz darauf verraten plätschernde Geräusche die Schandtat und lassen mich ergeben zurück an den Tatort schleichen.

Ein Gutteil meines Tages verbringe ich in Lauerstellung, mit einer Schaufel bewaffnet neben einer Katzentoilette. Was dazu geführt hat, dass ich inzwischen die unterschiedlichen Techniken meiner Samtpfoten bis ins Detail studieren konnte. Man könnte mich mittlerweile einen staatlich geprüften KKRD (Katzenkloreinigungsdienst) nennen.

Je nachdem welche meiner Katzen sich auf dem Klo befindet, ergreife ich das geeignete Werkzeug zur Beseitigung der Überreste.

Luna – ist gleichbedeutend mit: Schaufel reicht! Anständig und wohlerzogen steigt sie vorsichtig in die Toilette, erledigt ihr Geschäft, gräbt kurz, dafür gezielt und verlässt ohne Einstreu mitzunehmen die Schüssel.

Maggie – hat zur Folge, dass ich freiwillig mit Schaufel und Besen anrücke, dann minutenlang reglos vor der Tür verharre, bis sie an mir vorbei nach draußen schleicht. Sie besitzt die Eigenart, dass sie überhaupt nicht einsieht, warum ausgerechnet sie Katzenstreu über ihre Hinterlassenschaften verteilen soll. Dafür fühlt sich unsere Primadonna sehr schnell von anwesenden Personen gestört und unterbricht bei unvorsichtigen Beobachtungsmaßnahmen schon mal die Vollbringung ihres eigentlichen Vorhabens.

Erst wenn Maggie den Raum verlassen hat, wage ich mich hinein, nur um dort auf ein wahres Chaos zu treffen. Denn obwohl sie nicht in der Einstreu wühlt, schleift sie auf magische Weise unbegreiflich viel Streu aus der Schüssel. Mir bleibt also nichts anderes übrig, als, wie ein Straßenfeger mit gleichzeitiger Toilettenfraufunktion, sowohl die körperlichen Hinterlassenschaften, als auch die mitgeschleppten Krümel aufzuräumen.

Lizzy – manchmal möchte ich glauben, dass unsere Lizzy nicht nur körperlich, sondern auch geistig behindert ist. Dass diese These jedoch aus der Luft gegriffen ist, beweist sie mir immer aufs Neue. In mancherlei Beziehung ist sie unfassbar klug, geht es jedoch um ihre Toilettenbesuche, stellt sie sich an, wie die erste Hauskatze.

Sie erledigt ihr Geschäft mit wahrer Inbrunst. Kratzt und schabt danach stundenlang, sowohl in der Streu wie auch am Rand der Toilette als auch an den Wänden in der Nähe der Toilette. Was einerseits zur Abnutzung der Wohnung, als auch meiner Nerven führt. Nichts und niemand kann sie von diesem Ritual abbringen. Sie könnten einen Singvogel neben ihr starten und im Raum herumflattern lassen, ehe nicht die Einstreu fachgerecht verteilt wurde, wird diese Katze niemals den Rand der Toilette überschreiten und sie verlassen. Immer wieder wird mit Nase und Augen überprüft, ob noch Restbestände der Erleichterung zu sehen oder riechen sind. Ist es dann endlich soweit und laut Lizzys Urteil das Werk vollbracht, springt sie mit einem riesigen Satz aus dem Klo und wirft dabei eine Unmenge an Katzenstreu nach hinten aus der Schüssel.

Das ist dann mein Stichwort. Schaufel und Besen kommen zum Einsatz.

Unvergleichlich ist allerdings der Moment, nachdem ich einmal die Woche die Toiletten nacheinander gründlich ausgewaschen und wieder mit frischer Einstreu befüllt habe.

Schon während ich den Toiletten mit Bürste und heißem Wasser zu Leibe rücke, blicken drei Katzengesichter über den Rand der Wanne und beobachten mein Tun aufmerksam. Es würde mich nicht einmal wundern, wenn eine von ihnen auf eine Stelle deuten würde, die sie noch für reinigungsbedürftig hält.

Auch das Abtrocknen und anschließende Aufstellen der Schüsseln muss von der Katzenbande genauestens in Augenschein genommen werden.

Der Höhepunkt der Aktion ist aber eindeutig der Augenblick, wenn frische Streu in die Toilette kullert. Noch ehe ich die Tüte mit der Einstreu zurückziehe, sitzt die erste Katze in der Schüssel, schnuppert alle Ecken ab und verewigt sich so schnell es geht mit ein paar Tropfen. Mich erinnert das immer an die Erstbesteigung eines Berges. Nur anstelle der Fahne stecken meine Samtpfoten eben ihre Geruchsfahne in den Berg aus Einstreu.

 

 

Copyright © by Sylvia Seyboth

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